Montag, Mai 24, 2010

Köln rettet seine Messe vor der Pleite

Folgenden interessanten Artkel fand ich der Welt.de

Stadt gewährt bis zu 50 Millionen Euro - Umstrittene Immobiliengeschäfte

Rettungsprogramme sind derzeit gang und gäbe in der Wirtschaft. Nun hat auch die Stadt Köln ein Hilfspaket auf den Weg gebracht. Über ein so genanntes Cash-Pooling unterstützt sie ihre finanziell angeschlagene Tochtergesellschaft Kölnmesse. Bis zu 50 Mio. Euro kann das Unternehmen bis Ende 2012 über diesen internen Liquiditätsausgleich von der Stadt bekommen. Das Geld fließt dabei in Form von verbilligten Krediten an die klamme Messegesellschaft, die sonst für eigene Darlehen exorbitant hohe Zinsen bezahlen müsste. Im ersten Schritt dürfte die Stadt einen hohen einstelligen Millionenbetrag an die Messe weitergeben. "Wir haben derzeit einen besonderen Finanzbedarf", bestätigt Messe-Geschäftsführer Gerald Böse im Gespräch mit der WELT.

Der Manager begründet den Engpass unter anderem mit dem krisenbedingten Absturz der Konjunktur. Zwar war 2009 das bislang umsatzstärkste Geschäftsjahr für die Rheinländer. Auf rund 230 Mio. Euro summieren sich die Erlöse, da mehrere Großveranstaltungen mit unterschiedlichen Messerhythmen zusammengefallen und immerhin elf neue Projekte hinzugekommen sind wie etwa die imageträchtige Computerspielemesse Gamescom. Trotzdem liegt der Umsatz dem Vernehmen nach fast zehn Prozent unter dem vor der Krise aufgestellten Wirtschaftsplan. Zudem steht unter dem Strich ein Fehlbetrag von 19 Mio. Euro. Damit ist das Minus fast doppelt so hoch wie ursprünglich kalkuliert.

In Köln gab es daher sogar schon Gerüchte um eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Messegesellschaft. Dem allerdings widerspricht Gerald Böse energisch. "Die Lage ist nicht besorgniserregend. Und es gibt auch keinerlei Insolvenzrisiko", sagt der Geschäftsführer mit Verweis auf hohe Eigenkapitalreserven. Zudem sei die Messegesellschaft im Kerngeschäft sogar profitabel. Dass wie bislang vorgesehen ab 2012 auch unter dem Strich wieder schwarze Zahlen stehen, glaubt der Geschäftsführer dagegen nicht mehr.

Zu schaffen machen der Kölnmesse neben der Konjunkturschwäche vor allem die hohen Mietzahlungen für das in Teilen neu gebaute Gelände. Gut 27 Mio. Euro werden jedes Jahr für die vier so genannten Nordhallen sowie für Kongressflächen und das Verwaltungsgebäude fällig. Bauherr und Eigentümer der Hallen ist ein Fonds des Immobilienentwicklers Oppenheim-Esch, den unter anderem die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff gezeichnet haben. Der Fonds nun vermietet die Immobilien an die Stadt Köln, die sie anschließend an die Kölnmesse weiterverpachtet.

Doch das Dreiecksgeschäft ist umstritten. Die Europäische Union (EU) fordert sogar eine Rückabwicklung des Geschäfts, zumal der Bauauftrag für Oppenheim-Esch nicht europaweit ausgeschrieben war. Um bereits angedrohte Strafzahlungen zu vermeiden, verhandelt die hoch verschuldete Stadt daher mit Oppenheim-Esch über den Kauf der Immobilien. Ergebnisse müssen spätestens Ende Juni vorliegen. Denn dann läuft die EU-Frist für die Neuregelung der Vertragskonstellationen aus.

Keinen Rüffel aus Brüssel erwartet die Stadt dagegen für das vereinbarte Cash-Pooling. Das Instrument sei mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar, versichern Stadt und Messe gleichermaßen. Zwar gab es bei der Abstimmung im Rat auch Gegenstimmen. Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) aber zeigt sich überzeugt davon. "Die wirtschaftliche Bedeutung der Messegesellschaft rechtfertigt diesen Schritt", sagt der Politiker. Roters verweist auf die so genannte Umwegrendite, also die von Ausstellern und Besuchern angeschobenen Folgegeschäfte etwa für Hotels und die Gastronomie, für Verkehrsbetriebe und Einzelhandel oder für Handwerker und Dienstleister. Im Großraum Köln soll dieser volkswirtschaftliche Effekt allein die stattliche Summe von einer Mrd. Euro betragen.

Roters fordert allerdings auch zusätzliche Anstrengungen von der Kölnmesse. Und die hat Geschäftsführer Böse zugesagt. Das wird ziemliche Schmerzen verursachen. Um jährlich rund zehn Mio. Euro will der Firmenchef die Kosten senken. Bis 2012 werden dafür 80 von insgesamt 500 Arbeitsplätzen abgebaut, Tochtergesellschaften in den Konzern reintegriert und unprofitable Branchenschauen gestrichen. Das ist schon geschehen bei der Hausgerätemesse Domotechnica, der Kirchenmesse Ecclesia oder auch exotischen Auslandsveranstaltungen wie die Photo Imaging Expo in Tokio oder die World of Food in China.

Denkbar ist für Böse zudem die Beteiligung privater Investoren. Dafür könnte das Unternehmen wie an anderen Standorten bereits geschehen in eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft aufgeteilt werden. Und schließlich sollen neue Formate entwickelt oder von anderen Standorten angelockt werden, um das Gelände vor allem in den veranstaltungsarmen geraden Jahren besser auszulasten. Böse denkt dabei vor allem an Themen wie Informationstechnologie, Medien und Kommunikation oder Medizin und Maschinenbau.