Mittwoch, März 12, 2008

Insolvenz von Spediteur RICÖ


Einer der größten Spediteure Europas hat Insolvenz angemeldet.

RICÖ hat zum 04.03 in eigener Sache die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für den Hauptsitz in Schopsdorf und alle in- und ausländischen Zweigniederlassungen beantragt.

Bislang hat es zwar keine Kündigungen gegeben. Doch die insgesamt 1043 Mitarbeiter in Deutschland und 2032 Mitarbeiter in Polen, Rumänien, Bulgarien und der Ukraine stehen derzeit vor einer ungewissen Zukunft. Die Lohnrückstände des Spediteurs gegenüber diesen osteuropäischen Mitarbeitern waren bis zum 04.03.2008 auf 3,7 Mio Euro aufgelaufen. Seit 04.03. sind die Tankkreditkarten gesperrt und einige Fahrer verharren ohne Geld, Diesel und Essen in Drittländern. Ohne Geld für die Maut suchten einige Fahrer Schleichwege in das heimische Schlesien. Es gab LKW-Konvois in Polen und Blockaden wichtiger Transitstrecken.

Die mit der Insolvenzverwaltung beauftragte Kanzlei Gutmann aus Lehrte ist in diesen Tagen damit beschäftigt, sich einen Überblick über das weit verzweigte Unternehmen zu verschaffen, das mehrere Handelsvertretungen in Deutschland, Polen, der Ukraine, Weißrussland und Russland hat. Dabei geht es auch um eine Inventur der noch vorhandenen Lastwagen und Zugmaschinen. Zuletzt hatte RiCö nach eigenen Angaben rund 2500 eigene Fahrzeuge. Ein großer Teil der Fahrzeugflotte ist geleast.

Nachdem RiCö in Zahlungsschwierigkeiten geraten war, hatten einige Leasingfirmen ihre Fahrzeuge zurückgeholt. Ziel sei es, die Fahrtätigkeit möglichst schnell wieder aufzunehmen, sagte ein Sprecher der mit der Insolvenzverwaltung beauftragten Kanzlei. In welchem Umfang dies geschehen könne, sei noch nicht absehbar. „Es werden nicht auf einen Schlag wieder tausende Lastwagen durch die Gegend fahren.“Auch der Neubau des RiCö-Verwaltungsgebäudes im Gewerbegebiet „An der Leege“ in Osterode soll auf Leasing-Basis errichtet worden sein. Das repräsentative Gebäude ist allerdings erst zum Teil bezogen – noch vor der Fertigstellung kam die Insolvenz. Direkt daneben befindet sich das mit Überwachungskameras gesicherte Wohnhaus des Firmengründers Jens Preuß. Dieser war am vergangenen Dienstag als geschäftsführender Gesellschafter zurückgetreten.

Auf Preuß sind viele nicht gut zu sprechen. Er war in den turbulenten Tagen, als die Firmenkrise auf dem Höhepunkt war, komplett abgetaucht und hatte damit die brodelnde Gerüchteküche weiter angeheizt. Auch bei den Gesprächen mit den Banken soll er nicht anwesend gewesen sein. „Er ist ständig mit dicken Autos (Maybach) durch die Gegend gefahren“, heißt es in Osterode über ihn. Manchen Mitarbeitern stieß es denn auch bitter auf, als kurz vor der Bekanntgabe der Insolvenz ein schwarzer Lamborghini auf das Werksgelände fuhr.

Der ausgeschiedene Geschäftsführer hat offenbar auch wesentlichen Anteil daran, dass RiCö als Arbeitgeber umstritten war. In Internet-Foren berichten Lkw-Fahrer über schlechte Arbeitsbedingungen und zu niedrige Bezahlung. Außerdem soll das Unternehmen mit Dumpingpreisen gearbeitet haben, um die Konkurrenz auszustechen. Wegen der stark gestiegenen Dieselpreise sei dabei die Rentabilität auf der Strecke geblieben. Am Ende sollen sich Verbindlichkeiten von 330 Millionen Euro angehäuft haben. Nach Ansicht von Kritikern ist das Unternehmen zu schnell gewachsen und hat es versäumt, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen.

Weitere Berichte über die Insolvenz von RICÖ:
12.03. Konkurs der VW-Spediteurs Ricö schlägt hohe Wellen

06.03. Ricö Pleite: Viele Fahrer im Ausland in Not
05.03. Ricö Bankrott - und wie geht´s jetzt weiter ?

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