Dienstag, März 18, 2008

Unseren Sprinter gedrosselt

Seit einem Jahr fahren wir einen nagelneuen Mercedes Sprinter Kastenwagen 318 CDI. Das Fahrzeug hat ein Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen. Der 6-Zylinder-Dieselmotor leistet mit seinem Turbo 135 KW (184 PS) und hat einen Drehmoment von 400 NM. Kurz gesagt es ist ein Rennwagen unter den Transportern.

Damit wir die Leistung des Fahrzeuges für Last und Hänger nutzen aber keine Rennen auf der Autobahn provozieren haben wir das Fahrzeug auf 142 km/h drosseln lassen. Damit fährt dieses schwere Fahrzeug immer noch schnell genug.

In der letzten Zeit wird sehr viel über ein Tempolimit für die Transporter nachgedacht. Ich halte eine Geschwindigkeitsbegrenzung für sehr sinnvoll. Nur sollte der Gesetzgeber es auch nicht wieder übertreiben. Eine Geschwindigkeit von 80 oder 100 km/h für diese Fahrzeuge ist zu wenig. Die vorgeschlagenen 120 oder 130 km/h halte ich für sinnvoll.

In der Weltonline wurde von dem Redakteur Lutz Algermissel ein interessanter Selbstversuch gestartet:

Normalerweise fahre ich einen Kompaktwagen, 110 PS stark und knapp 200 km/h schnell. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr, wann ich das Auto zuletzt ausgefahren habe. Denn da ich an fast jedem Wochenende 200 Kilometer nach Hause pendele, ist mir das einfach zu teuer. Inzwischen fahre ich auf der Autobahn zwischen 140 und 160.km/h – das reicht. Aber seitdem habe ich einen neuen Feind: den rücksichtslos drängelnden Transporterfahrer. Manchmal denke ich, vielleicht wird man am Steuer dieser Kisten eben so. Zeit also, das einfach mal auszuprobieren.

Denn irgendwie kann es ja nicht sein, dass alle schlechten Menschen Mercedes Sprinter, VW Crafter oder Ford Transit fahren und der vernünftige Teil der Bevölkerung normale Autos. Um zu sehen, was so ein Auto mit mir macht, habe ich mir einen Peugeot Expert ausgeliehen. Der ist zwar etwas kleiner als Sprinter und Co, passt dafür aber gerade noch in die Tiefgarage.

120 PS hat der Dieselmotor des Transporters. Damit sollen die magischen 160 km/h möglich sein, die inzwischen so etwas wie die freiwillige Selbstbeschränkung der Transporterhersteller sind. Vor ein paar Jahren gab es noch Exemplare, die haben Tempo 180 geschafft, unfassbar. Obwohl von verschiedenen Seiten immer wieder ein Tempolimit von 100 oder 120 km/h gefordert wird, hat sich bisher außer der freiwilligen Absenkung auf Tempo 160 nichts getan. Dabei sind laut Gesamtverband der Versicherer (GdV) mehr als 20 Prozent der Transporterunfälle auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen. Das größte Problem ist aber der viel zu geringe Sicherheitsabstand.

Zwar habe ich früher schon einmal einen Kleintransporter bewegt, doch das ist lange her. Heute fühle ich mich beim Entern des Fahrersitzes wie in einer anderen Welt. Nacktes Blech, Fensterkurbeln und ellenlange Schalthebel sind passé, alles wirkt inzwischen fast wie im Pkw. Was mir sofort auffällt, ist die hohe Sitzposition. Und die enorme Breite des Autos. Am Anfang ist das ungewohnt, aber nach kurzer Zeit kein Problem mehr, auch dank der großen Spiegel. Der größte Aha-Moment stellt sich aber beim ersten ernsthaften Tritt aufs Gaspedal ein: Da geht ja richtig was.

Durch das Fehlen eines Tempolimits wurden die Transporter auch für Firmen interessant, die sonst meist die größeren 7,5-Tonner einsetzten. Die können zwar mehr Gewicht laden und bieten mehr Platz, aber dafür dürfen sie auch nur Tempo 80 fahren und müssen am Sonntag stehen bleiben – Sonntagsfahrverbot für Lkw. Wer also nur Pakete durchs Land fahren muss, kann den Lkw auch durch zwei 3,5-Tonnen-Kleintransporter ersetzen und umgeht alle Beschränkungen.

Auf der Autobahn ist das Mitschwimmen im Verkehr für mich überhaupt kein Problem, diese modernen Dieselmotoren sind wirklich kräftig. Mit Tempo 160 zur nächsten Baustelle, davon haben viele Poliergenerationen früher in ihren rußenden Verkehrshindernissen nur geträumt. Um ehrlich zu sein: Wahrscheinlich haben sie eher davon geträumt, dank Tempo 160 möglichst schnell nach Hause zu kommen.

Es ist Freitag, ich fahre wie so viele andere auf der Autobahn. Übrigens auf der linken Spur, ich will jetzt nämlich auch endlich nach Hause. Da ich sonst einen Benziner fahre, habe ich in dem Diesel-Peugeot das Gefühl, ich könnte ein bisschen mehr Gas geben. Diesel ist ja billiger, und die Motoren sind sparsamer. Und den Sprit zahlt ja mein Chef, so ist das bei den anderen Kleintransporterfahrern schließlich auch. Der gute Überblick auf dem hohen Sitz gibt mir außerdem ein Sicherheitsgefühl, weil ich immer schon viel früher als die Autofahrer unter mir sehe, wenn vorne jemand bremst. Aber ich will es nicht übertreiben, heute ist es ein bisschen stürmisch.

Eine Stunde später fahre ich konstant 160, so schlimm ist der Wind gar nicht. Was nervt, sind diese Autofahrer, die nicht in den Rückspiegel sehen. Oder die – noch schlimmer – anscheinend auf der Mittelspur eingeschlafen sind. Kein Wunder, bei Tempo 130. Eben habe ich einem die Lichthupe gegeben und wünsche mir für den Kühlergrill ein rotes Laufband in Spiegelschrift. WEG DA!!! soll draufstehen.

Die Einzigen, mit denen ich hier klar komme, sind die Kollegen Transporterfahrer. Die wissen, was ich gerade durchmache. Sie wollen auch nach Hause und haben einen langen, nervenaufreibenden Tag auf der Autobahn hinter sich. Mit Termindruck und dem Chef im Nacken. Eben habe ich versucht, mich in den Windschatten eines Kollegen zu hängen, aber das hilft nichts. Der Peugeot regelt gnadenlos bei Strich 160 ab – ist das zu glauben? Warum baut man so was? Der Wagen würde bestimmt 180 laufen.

Nach dem Wochenende fahre ich morgens die 200-Kilometer-Tour zurück, in meinem Privatauto. Ich lasse es ruhig angehen, bin entspannt unterwegs – aber nur kurz. Da taucht doch tatsächlich so ein Transporter formatfüllend in meinem Rückspiegel auf, und der Fahrer bedrängt mich mit der Lichthupe. Bei knapp 160. So ein Spinner.

Seit Kleintransporter Tempo 160 schaffen, gelten ihre Fahrer als rücksichtslose Raser. Ist das wirklich so? Unser Autor hat sich einen Peugeot Expert ausgeliehen und ist mit ihm auf die Autobahn. Seitdem sieht er die Welt der rasenden Kleintransporter mit ganz anderen Augen.

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